Eine Gewichtsreduktion bei Übergewicht ist ein entscheidender Faktor für den Krankheitsverlauf des Typ-2-Diabetes. Sie ist deshalb wichtiger Bestandteil einer ganzheitlichen Typ-2-Diabetes-Therapie.
Klinische und präklinische Daten deuten darauf hin, dass Übergewicht – insbesondere überschüssiges Bauchfett – mit einer Insulinresistenz in Verbindung steht.1–4,*
Eine übermäßige Gewichtszunahme ist mit systemischen Entzündungen verbunden, die zu einer Insulinresistenz führen können.
*In Tiermodellen.
Wie hängen Depotfett, Entzündung und Insulinresistenz zusammen?1,3
Präklinische Studien zeigen, dass die pathologische Zunahme von Fettgewebe mit einer Zunahme von Entzündungssignalen verbunden ist. Entzündungen und ein gestörter Lipidstoffwechsel können zur Einlagerung von Lipiden in Organen wie Skelettmuskeln, Leber und Bauchspeicheldrüse führen. Dies kann letztendlich systemische Entzündungen und eine Insulinresistenz verursachen.

Die Abbildung zeigt, dass die pathologische Adipozytenhypertrophie und -hyperplasie mit einer Zunahme von Entzündungssignalen und erhöhten Lipidwerten im Plasma einhergeht. Entzündungen und ein gestörter Lipidstoffwechsel können zur weiteren Einlagerung von Lipiden in Organe – wie Skelettmuskeln, Leber und Bauchspeicheldrüse – führen. Dies bedeutet, dass überschüssiges Fett letztlich eine lokale und systemische Insulinresistenz sowie Entzündungen verursachen kann.
Der Body-Mass-Index (BMI) ist ein Screening-Tool zur Erkennung von Übergewicht und Adipositas bei Erwachsenen:10
Gewichtskategorie
|
BMI
|
---|---|
Gewichtskategorie Untergewicht | BMI < 18,5 kg/m2 |
Gewichtskategorie Normalgewicht | BMI 18,5 kg/m2 bis 24,9 kg/m2 |
Gewichtskategorie Übergewicht | BMI > 25 kg/m2 |
Gewichtskategorie Adipositas
| BMI
> 30 kg/m2
|
Einteilung gemäß WHO
Eine Beurteilung des Bauchfetts kann dabei helfen, Behandlungsentscheidungen zu treffen.11
- Gemäß der American Diabetes Association (ADA) können neben dem Körpergewicht und dem BMI die folgenden weiteren Faktoren herangezogen werden, um das Risiko von Menschen mit Typ-2-Diabetes zu stratifizieren und die Behandlungsoptionen zu beurteilen: Die Gewichtsverteilung (zentrale/viszerale Fetteinlagerung) und der individuelle Verlauf der Gewichtszunahme über die Zeit.11
- Die International Diabetes Federation (IDF) schlägt vor, den Taillenumfang als Maß für abdominale oder zentrale Adipositas zu verwenden. Dabei gelten für verschiedene ethnische Gruppen unterschiedliche Richtwerte.12
Die Definitionen der BMI-Kategorien können je nach ethnischer Zugehörigkeit und geografischer Region variieren.
Weitere Informationen finden Sie in der INFOTHEK
Menschen mit Typ-2-Diabetes und einem erhöhten BMI haben häufiger einen schlecht eingestellten Blutzucker.13
Eine retrospektive Datenbankstudie untersuchte, wie BMI und Blutzuckermanagement bei Menschen mit Typ-2-Diabetes zusammenhängen. Die Studie erhob Daten in den Jahren 2012 bis 2019 in einer Kohorte von Erwachsenen mit Typ-2-Diabetes. Die unten aufgeführten Daten stammen aus der Jahreskohorte 2019, basierend auf 13.755 Stichproben.13,#
In dieser Studie wurden bei folgenden Proband:innen HbA1c-Werte ≥ 7 % beobachtet13:
Das Balkendiagramm zeigt, wie hoch der Anteil der Patient:innen mit HbA1c ≥ 7 % pro Gewichtsklasse war. HbA1c-Werte ≥ 7 % hatten 43,0 % der Patient:innen mit Normalgewicht, 44,5 % der Patient:innen mit Übergewicht, 49,4 % der Patient:innen mit Adipositas Grad 1, 50,9 % der Patient:innen mit Adipositas Grad 2 und 52,7 % der Proband:innen mit Adipositas Grad 3.
#Es sind die Daten der Jahreskohorte 2019 dargestellt. Aus den Daten der IBM® MarketScan® Explorys® Claims-EMR Datenbank wurden für jedes Jahr zwischen 2012 bis 2019 Prävalenzkohorten erstellt. Eingeschlossen wurden Menschen, die im jeweiligen Jahr 1) mindestens zwei Typ-2-Diabetes-Diagnosen hatten, 2) mindestens 18 Jahre alt waren, 3) mindestens einen dokumentierten HbA1c-Wert und 4) mindestens einen dokumentierten BMI-Wert hatten.14
Wie sich Übergewicht auf ein Fortschreiten des Typ-2-Diabetes auswirken kann:
-
Eine hohe Konzentration von zirkulierenden Lipiden kann zu einer Fehlfunktion der β-Zellen beitragen. Dadurch könnte sich ein bereits manifester Typ-2-Diabetes weiter verschlechtern:9,15,§
- Die β-Zellen der Bauchspeicheldrüse produzieren, speichern und schütten bei gesunden Menschen Insulin aus. Dadurch halten sie die Glukosehomöostase aufrecht. Bei Übergewicht und Typ-2-Diabetes sind die Glukose- und Lipidwerte chronisch erhöht. Sind die ß-Zellen dauerhaft erhöhten Glukose- und Lipidwerten ausgesetzt, besteht das Risiko, dass sie ihre wichtigen Funktionen im Insulinstoffwechsel nicht mehr erfüllen können.16,§
§In präklinischen Studien nachgewiesen und durch Studien am Menschen nahegelegt.
Es besteht ein positiver Zusammenhang zwischen dem BMI vor der Diabetesdiagnose und mikrovaskulären Komplikationen.17,°
Ein höherer BMI vor der Diagnose eines Diabetes mellitus ist mit einem erhöhten Risiko für T2D-bedingte Komplikationen verbunden. Es wurde kein signifikanter Zusammenhang mit makrovaskulären Komplikationen beobachtet.17,°
EPIC-Potsdam-Studie:
Assoziationen zwischen dem BMI vor der Diagnose und diabetesbedingten Komplikationen bei Teilnehmenden mit Typ-2-Diabetes17,†
Mikrovaskuläre Komplikationen
20 % höheres Risiko pro 5 kg/m2
(HR 1,2; 95%-KI 1,07–1,35)
Nierenerkrankung
38 % höheres Risiko pro 5 kg/m2
(HR 1,38; 95%-KI 1,20–1,58)
Neuropathie
12 % höheres Risiko pro 5 kg/m2
(HR 1,12; 95%-KI 0,96–1,31)
†Es wurde keine positive Assoziation zwischen dem BMI vor der Diagnose und makrovaskulären Komplikationen beobachtet.
°Polemiti E et al. Eine Studie mit erwachsenen Proband:innen mit Typ-2-Diabetes aus der European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition(EPIC)-Studie (Potsdam Kohorte), die bei der Diagnose weder Krebs, noch Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder mikrovaskulären Erkrankungen hatten (n = 1.083).
Bei Menschen mit Typ-2-Diabetes war eine Adipositas oder ein erhöhter BMI mit einer niedrigeren Lebensqualität verbunden.18–20
- In einer Stichprobe der CODE-2-Studie war ein BMI > 30 kg/m2 im Vergleich zu einem BMI < 30 kg/m2 assoziiert mit einer Beeinträchtigung der Mobilität, der Selbstversorgung und der Alltagstätigkeiten, sowie mit Schmerzen/Beschwerden und Angst/Depression.18, Δ
- Im Vergleich zu einem BMI < 32 kg/m2 war in einer finnischen Studie ein BMI ≥ 32 kg/m2 assoziiert mit einer Beeinträchtigung der Funktionalität und des Wohlbefindens.19,¶
- Der BMI und die Lebensqualitäts-Scores korrelierten in einer Analyse mehrerer Studien signifikant mit der körperlichen Funktionalität, dem Selbstwertgefühl, dem Sexualleben und dem Gefühl von Unwohlsein in der Öffentlichkeit und der Arbeit.20,‡
ΔEine Stichprobe der CODE-2-Studie: Niederländische Proband:innen mit Typ-2-Diabetes (n = 1.371). Der EuroQoL 5-D wurde zur Einschätzung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität (HRQOL) verwendet.
¶Hänninen J, et al. verglichen nicht-insulinpflichtige Menschen mit Typ-2-Diabetes oder mit einem wiederholten HbA1c ≥ 6,7 im Alter von < 65 Jahren in Ostfinnland (n = 260) mit nach Alter und Geschlecht gematchten Kontrollen ohne Diabetes (n = 260). Die gesundheitsbezogene Lebensqualität (HRQOL) wurde mit einem Kurzfragebogen der Medical Outcomes Study (SF-20) gemessen.
‡Kolotkin RL et al. Proband:innen mit Typ-2-Diabetes und Adipositas, die eine Gewichtsreduktion anstreben (n = 225). Die körpergewichtsbezogene Lebensqualität wurde mit dem IWQOL-Lite-Fragebogen (Impact of Weight on Quality of Life-Lite) untersucht.
Die DDG-Praxisempfehlung „Adipositas und Diabetes“ gibt als allgemeines Behandlungsziel bei Menschen mit Typ-2-Diabetes eine Gewichtsstabilisierung im Bereich des Normgewichtes (BMI-Wert 18,5 – 24,9 kg/m2) an.21
Was erschwert es Menschen mit Typ-2-Diabetes und Übergewicht, abzunehmen und ein normales Gewicht zu halten?
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KI = Konfidenzintervall; HR = Hazard-Ratio; T2D = Typ-2-Diabetes.
Referenzen:
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