Erwachsene mit Typ-2-Diabetes und Übergewicht benötigen oft Unterstützung dabei, ihr Zielgewicht zu erreichen und es danach zu halten.1
Viele Menschen mit Typ-2-Diabetes haben Schwierigkeiten, ihr Gewicht deutlich zu reduzieren und es dann zu halten.1–7
Typ-2-Diabetes und Gewichtsreduktion: Selbst unter optimalen Studienbedingungen ist es vielen Proband:innen mit Typ-2-Diabetes und Übergewicht nicht möglich, mithilfe von intensiven Lebensstiländerungen (ILI) abzunehmen.6
Wie sich eine ILI unter fortlaufender ärztlicher Anleitung gegenüber der üblichen Versorgung (d. h. Unterstützung beim Diabetesmanagement und Schulungsmaßnahmen) auf die Gewichtsreduktion auswirkt, untersuchte die „ Look AHEAD “-Studie5,6,*:
- Die durchschnittliche Gewichtsabnahme unter ILI lag im ersten Jahr bei 8,7 kg,7 jedoch konnten nur 68 % der Proband:innen nach einem Jahr ihr Gewicht um ≥ 5 % reduzieren.
- Für viele Proband:innen mit ILI war es eine Herausforderung, das niedrigere Gewicht zu halten und nicht wieder zuzunehmen:
- Nach 8 Jahren konnten nur rund 50 % der Proband:innen mit Typ-2-Diabetes und Adipositas eine Gewichtsreduktion von ≥ 5 % aufrechterhalten.
- Die durchschnittliche Gewichtsreduktion im Vergleich zum Ausgangswert lag im Jahr 1 bei 8,5 %, im Jahr 4 bei 4,4 % und im Jahr 8 bei 4,7 %.
Eine Stoffwechselanpassung kann eine zusätzliche Herausforderung für Erwachsene mit Typ-2-Diabetes und Übergewicht sein.8-11
Bei einer Gewichtsreduktion durch eine veränderte Ernährungsweise und Bewegung kann es dazu kommen, dass sich der Stoffwechsel an den neuen Lebensstil anpasst. Ein mögliches Resultat: Menschen mit Diabetes fallen wieder auf ihr früheres Gewicht zurück.
Eine Post-hoc-Analyse der DiRECT Studie# untersuchte bei 253 Erwachsenen (147 mit Intervention, 106 in der Kontrollgruppe) mit Typ-2-Diabetes (Alter 53,6 ± 7,5 Jahre, BMI 34,7 ± 4,4 kg/m2, 59 % Männer), ob appetitanregende Hormone Prädiktoren für eine erneute Gewichtszunahme waren. Sie fand folgenden Zusammenhang:
- Hormonelle Veränderungen, die bei Menschen mit Adipositas nach einer anfänglichen Gewichtsreduktion auftreten, kommen auch bei Menschen mit Typ-2-Diabetes und Übergewicht oder Adipositas vor, die mit Hilfe von Lebensstilveränderungen abnehmen. Das spricht dafür, dass die Gewichtsreduktion in beiden Fällen in einem angepassten Stoffwechsel mündet. Dieser Mechanismus wird auch metabolische Adaptation genannt.
Hormonelle Veränderungen durch eine Gewichtsreduktion können mit einer anschließenden Gewichtszunahme einhergehen.8,9
Bei einer Gewichtsreduktion kann es zu einer Zunahme von Ghrelin (führt zu einem erhöhten Hungergefühl) und einer Abnahme von Leptin (verringertes Sättigungsgefühl) kommen, während der Energieumsatz unter anderem durch die Verringerung des Körpergewichts und der Nahrungsaufnahme reduziert ist. Dieses Ungleichgewicht zwischen einem gesteigerten Hungergefühl und der tatsächlich benötigten Energie führt zu einem Energieüberschuss, der es möglicherweise erschwert, eine Gewichtsreduktion zu erreichen und das gewünschte Körpergewicht zu halten.8,9
Schon eine Gewichtsreduktion um 3 % kann mit einer Stoffwechselanpassung einhergehen. Diese macht es schwer, Gewicht zu verlieren und das Wunschgewicht anschließend auch zu halten.8,10,13,14
Tina ist eine fiktive Patientin.
Tina hat Typ-2-Diabetes mit Übergewicht und nutzt Diät-Apps, um mehr zu trainieren und Gewicht zu verlieren.
- Alter: 51 Jahre
- Diagnosezeitpunkt: Vor 3,5 Jahren mit Typ-2-Diabetes diagnostiziert
- HbA1C > 7,8
- übergewichtig: 29 kg/m2
Durch eine rigorose Diät mit einem straffem Bewegungsprogramm verlor Tina in 6 Monaten 4 kg – das sind etwa 5 % ihres ursprünglichen Gewichts.
- Tina machte danach seltener Sport, verspürte aber immer noch ein verstärktes Hungergefühl und aß gelegentlich mehr als erforderlich, um eine ausgeglichene Kalorienbilanz zu erreichen.
- Tina konnte ihr Gewicht nicht halten und nahm die 4 kg, die sie zuvor verloren hatte, innerhalb von 2 Monaten wieder zu.
- Nachdem Tina wieder ihr Ausgangsgewicht erreicht hatte, war ihre Glukosehomöostase beeinträchtigt: Bei ihrem nächsten Arzttermin war ihr HbA1c um 0,3 % erhöht.
Könnte ein anderer Ansatz Tina helfen?
Vorurteile im Alltag, die das Körpergewicht betreffen, können sich auf die Versorgung von Erwachsenen mit Typ-2-Diabetes auswirken.4
Bewusste oder unbewusste Vorurteile in Bezug auf das Körpergewicht können die ärztliche Versorgung von Menschen mit Typ-2-Diabetes beeinflussen. Dies ist häufig verbunden mit
- einer erhöhten emotionalen Belastung durch die Diabeteserkrankung,
- einer geringeren Beteiligung der Patient:innen an Behandlungsentscheidungen,
- weniger Kommunikation zwischen Ärzt:innen und Patient:innen.
Benötigen Sie Hilfe bei Gesprächen über das Übergewicht und die Kontrolle des Typ-2-Diabetes? In der INFOTHEK erhalten Sie Tipps.
Die Beziehung zwischen Körpergewicht und Medikation kann bei Typ-2-Diabetes komplex sein.
Ein Behandlungsansatz, der die Auswirkungen einer Medikation auf das Körpergewicht berücksichtigt, kann einen größeren Nutzen haben als ein Behandlungsansatz, der ausschließlich auf das Blutzuckermanagement ausgerichtet ist.6,9,15,16
In Studien ging die Einnahme von bestimmten Antidiabetika mit einer Gewichtszunahme einher.3,17
Medikation Typ-2-Diabetes
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Gewichtszunahme
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Medikation Typ-2-Diabetes Insulin | Gewichtszunahme 1,56–5,75 kg |
Medikation Typ-2-Diabetes Thiazolidindion | Gewichtszunahme 2,30–4,25 kg |
Gewichtszunahme Sulfonylharnstoff | Sulfonylharnstoff 1,99–2,31 kg |
Ein Review von Apovian et al. untersucht den Effekt von weit verbreiteten antidiabetischen Wirkstoffklassen auf das Körpergewicht bei Menschen mit Typ-2-Diabetes. Es zeigt, dass eine Diabetestherapie mit bestimmten Wirkstoffklassen mit einer Gewichtszunahme verbunden sein kann.17
Im Video: Experte Dr. Matthias Blüher
Dr. Matthias Blüher (Helmholtz-Zentrum München und Universität Leipzig) erklärt, vor welchen Herausforderungen bei der Gewichtsreduktion und ihrer Aufrechterhaltung Menschen mit Typ-2-Diabetes stehen.
Gewichtsreduktion kann für Menschen mit Typ-2-Diabetes und Übergewicht eine Herausforderung darstellen.
Erfahren Sie, welche Vorteile eine frühe Blutzuckerkontrolle und eine frühe Gewichtskontrolle bei Typ-2-Diabetes haben können.
Referenzen:
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