Erwachsene mit Typ-2-Diabetes profitieren vor allem in der Frühphase der Erkrankung von einer verbesserten glykämischen Kontrolle und einer Gewichtsreduktion.1,2,3
Ein Behandlungsansatz, der die Gewichtskontrolle in den Vordergrund stellt, ist für das Management des Typ-2-Diabetes gut geeignet.4,5
Bei Menschen mit Typ-2 Diabetes und Übergewicht oder Adipositas kann eine Gewichtsreduktion das Blutzuckermanagement verbessern. Zudem zeigte die Look-AHEAD-Studie (Action for Health in Diabetes), die den Effekt von intensivierten Lebensstilinterventionen (ILI) mit der Standardbehandlung und -schulung verglich, dass die ILI-Gruppe häufiger eine Gewichtsreduktion erreichte und einen niedrigeren Medikamentenverbrauch hatte.6-9
Ergebnisse aus der Look-AHEAD-Studie
Die Look-AHEAD-Studie (Action for Health in Diabetes) untersuchte die langfristigen Auswirkungen von Lebensstiländerungen auf die kardiovaskuläre Morbidität und Mortalität bei 5.145 Erwachsenen mit Typ-2-Diabetes und Übergewicht oder Adipositas. Die Teilnehmenden erhielten entweder eine intensive Lebensstilintervention (ILI) oder die Standardbehandlung und -schulung (DSE). Die Studie wurde wegen einer Zweckmäßigkeitsanalyse abgebrochen, in der keine signifikanten Unterschiede im primären CV-Outcome zwischen den Gruppen nachgewiesen wurden.5,9,10,*
Lebensstilinterventionen (ILI) wirkten sich signifikant stärker auf verschiedene untersuchte Parameter aus als Diabetesschulungen und eine Unterstützung beim Diabetesmanagement (DSE):9
- Die ILI-Gruppe verlor im Schnitt 8,7 kg an Gewicht, die DSE-Gruppe nur 0,8 kg.7
-
In der ILI-Gruppe war der durchschnittliche Taillenumfang signifikant geringer (p < 0,001) als in der DSE-Gruppe. Der mittlere Taillenumfang blieb jedoch im Bereich der abdominalen Adipositas.9
- Der Taillenumfang ist ein indirektes Maß für eine abdominale Adipositas.11
- Die ILI-Gruppe hatte signifikant niedrigere HbA1c-Werte (p < 0,0001) als die DSE-Gruppe. Der durchschnittliche HbA1c-Wert der ILI-Gruppe lag im Zielbereich von < 7 %.9
Eine Beobachtungsanalyse der Ergebnisse der Look-AHEAD-Studie fasst die gepoolten Effekte einer Gewichtsänderung in den ILI- und DSE-Gruppen nach einem Jahr zusammen. Je höher die Gewichtsreduktion6 war, desto besser war das Chancenverhältnis, dass sich diverse Risikofaktoren bei den Teilnehmenden mit Typ-2-Diabetes verbesserten.
Bei einer Gewichtsreduktion von ≥ 2 % bis ≥ 15 % stieg die Chance auf eine Verbesserung von:6
- Blutzuckermanagement,
- Blutdruck,
- High-Density-Lipoprotein-Cholesterin(HDL-C)-Spiegel,
- Triglycerid-Spiegel.
Ein Gewichtsverlust von ≥ 2 % bis ≥ 15 % ist assoziiert mit signifikanten Verbesserungen von T2D-bezogenen Risikofaktoren.6
Nüchternglukose
Blutdruck
Triglyceride
HDL-Cholesterin
Je größer der Gewichtsverlust war,
desto stärker waren T2D-bezogene Risikofaktoren reduziert.
In einer Post-hoc-Subgruppenanalyse von Proband:innen der ILI-Kohorte aus der Look-AHEAD-Studie zeigten die 4-Jahres-Daten Folgendes: Besonders bei Proband:innen mit einem hohen Gewichtsverlust konnten Typ-2-Diabetes-bezogene Risikofaktoren erheblich verbessert werden.12
Die Teilnehmenden der ILI-Kohorte wurden auf Grundlage ihrer Gewichtsreduktion in Jahr 1 und der Erhaltung ihrer Gewichtsreduktion in Jahr 4 gruppiert: „keine Gewichtsreduktion“ (bis zu ± 3 % des Ausgangswerts im Jahr 1 und 4), „moderate Gewichtsreduktion“ (≥ 3 % bis < 8 % im Jahr 1 und 4), „große Gewichtsreduktion“ (≥ 8 % bis < 20 % im Jahr 1 und 4), „moderate Gewichtsreduktion/vollständige Wiederzunahme“ (≥ 3 % bis < 8 % im Jahr 1, ± 3 % im Jahr 4), große Gewichtsreduktion/vollständige Wiederzunahme“ (≥ 8 % bis < 20 % im Jahr 1, ± 3 % im Jahr 4) und große Gewichtsreduktion/partielle Wiederzunahme“ (≥ 8 % bis < 20 % im Jahr 1, ≥ 3 % bis < 8 % im Jahr 4). Proband:innen, die ihre Gewichtsreduktion nicht aufrechterhalten konnten, wurden aus der Analyse ausgeschlossen.
- Proband:innen mit einer großen Gewichtsreduktion (≥ 8 % bis < 20 %) in Jahr 1 bis Jahr 4, hatten auch nach vier Jahren größere Verbesserungen des HbA1c, des systolischem Blutdrucks, des HDL-C-Spiegels und des Triglycerid-Spiegels als Proband:innen, die weniger Gewicht verloren.
- Zwischen den Untergruppen mit unterschiedlich starker Gewichtsreduktion wurden keine Veränderungen des diastolischen Blutdrucks und des LDL-C-Spiegels beobachtet.
Eine Gewichtsreduktion und eine gute Medikamentenadhärenz gehen bei Menschen mit Typ-2-Diabetes Hand in Hand.13-15
Studien haben gezeigt, dass eine Gewichtsreduktion die Medikamentenadhärenz und die glykämische Kontrolle verbessern kann. Die Medikamentenadhärenz kann zudem das Blutzuckermanagement von Menschen mit Typ-2-Diabetes positiv beeinflussen.
Nach Angaben der American Diabetes Association® (ADA) und der European Association for the Study of Diabetes (EASD) kann eine moderate und nachhaltige Gewichtsreduktion den Bedarf an zusätzlichen Medikamenten bei Menschen mit Typ-2-Diabetes und Adipositas verringern.16,17
Bei Menschen mit Typ-2-Diabetes und Adipositas kann eine moderate und nachhaltige Gewichtsreduktion, die zu klinisch bedeutsamen Verbesserungen der Blutzuckerkontrolle, der Lipide und des Blutdrucks führt, den Bedarf an Medikamenten zur Reduktion dieser Risikofaktoren verringern.
- Eine Gewichtsreduktion um 5 % bis 10 % kann zu metabolischen Verbesserungen führen.17
- Eine Gewichtsreduktion um 10 % bis 15 % kann krankheitsmodifizierend wirken und zu einer Remission des Diabetes führen.17,#
Eine Lebensstilintervention führte zu einer größeren Gewichtsreduktion und zu einer größeren Verringerung des Medikamentenverbrauchs als Diabetesschulungen alleine.9,18
In der Look-AHEAD-Studie§ benötigten Teilnehmende mit Typ-2-Diabetes und Übergewicht oder Adipositas, die eine intensive Lebensstilintervention über einen Zeitraum von 10 Jahren erhielten, weniger Medikamente als Teilnehmende mit Standardbehandlung und -schulung.18 Zudem verursachte die Interventionsgruppe weniger Kosten für das Gesundheitswesen18, da
- sie 6 % weniger Medikamente benötigten (p < 0,0001),
- ihre jährlichen Kosten für Medikamente um 7 % sanken (p < 0,0001).
Die Vorteile einer frühzeitigen intensiven Senkung des Blutzuckerspiegels sind bekannt. Eine frühzeitige Gewichtsreduktion kann die Blutzuckerkontrolle unterstützen.8,17
In der UK Prospective Diabetes Study (UKPDS)Δ ging eine frühzeitige intensive Blutzuckerkontrolle (HbA1c < 7 %) mit einem verringerten langfristigen Risiko für Komplikationen bei Menschen mit Typ-2-Diabetes einher (im Vergleich zu einem Diätregime, der zum Studienzeitpunkt üblichen Therapie).19,20
- Bei den Patient:innen mit Intensivtherapie und einem neu diagnostiziertem Typ-2-Diabetes blieb ein medianer HbA1c-Wert von 7,0 % über 10 Jahre hinweg erhalten. Im Gegensatz dazu lag der HbA1c-Wert der Kontrollgruppe bei einem höheren medianen Wert von 7,9 %.
-
Eine frühzeitige intensive Blutzuckerkontrolle† führte zu einem
- 25 % geringeren Risiko für mikrovaskuläre Komplikationen,
- 12 % geringeren Risiko für Diabetes-bezogene Endpunkte,
- 10 % geringeren Risiko für Diabetes-bedingten Tod,
- 6 % geringeren Risiko zu versterben (Tod jeglicher Ursache bzw. Gesamtmortalität).
- Die Vorteile der diabetologischen Intensivtherapie für mikrovaskuläre Komplikationen, Diabetes-bedingte Endpunkte, Diabetes-bedingten Tod und Gesamtmortalität konnten auch nach 10 Jahren weiterhin gezeigt werden.19
- Im Durchschnitt nahmen die Teilnehmenden der UKPDS-Studie an Gewicht zu. Dies hing möglicherweise mit der Einnahme von Sulfonylharnstoffen und Insulin zusammen.19 Eine Gewichtsreduktion war nicht Gegenstand der UKPDS-Studie.
Die DiRECT(Diabetes Remission Clinical Trial)-Studie‡ bewertete die Blutzuckerkontrolle bei Menschen mit Typ-2-Diabetes (Diagnose vor ≤ 6 Jahren) im Alter von 20 bis 65 Jahren. Die Teilnehmenden erhielten entweder ein strukturiertes Gewichtsmanagement-Programm (Interventionsgruppe) oder ein herkömmliches Diabetesmanagement nach aktuellem Best-Practice-Standard. Die Patient:innen der Interventionsgruppe mussten zu Beginn der Studie alle Medikamente gegen Diabetes und Bluthochdruck absetzen.8
Primäre Endpunkte: Co-primäre Endpunkte Gewichtsreduktion um > 15 kg und HbA1c < 6,5 % ohne antidiabetische Medikation, beurteilt nach 24 Monaten
- Teilnehmende an dem strukturierten Gewichtsmanagement-Programm erreichten häufiger eine glykämische Kontrolle als die Kontrollgruppe: In der zweijährigen Nachbeobachtungszeit war der HbA1c-Wert bei 36 % der Proband:innen der Interventionsgruppe < 6,5 %. In der Kontrollgruppe erreichten nur 3 % der Proband:innen einen HbA1c < 6,5 %.
-
Durch das strukturierte Gewichtsmanagement-Programm konnte die Medikamenteneinnahme reduziert werden:
- In der zweijährigen Nachbeobachtungszeit nahmen 60 %¶ der Proband:innen der Interventionsgruppe keine antidiabetischen Medikamente ein. Im Gegensatz dazu nahmen lediglich 16 % der Patient:innen in der Kontrollgruppe keine antidiabetischen Medikamente ein.8
In einer Post-hoc-Analyse, in der die gesamte Studienpopulation (Menschen aus der Interventions- und Kontrollgruppe gepoolt) nach Gewichtsverlust stratifiziert wurde, war im Jahr 2 ein HbA1c < 6,5 % bei denjenigen Teilnehmenden wahrscheinlicher, die einen größeren Gewichtsverlust aufrechterhalten hatten. So häufig wurde ein HbA1c < 6,5 % in den einzelnen Gewichtsverlust-Kategorien erreicht 8: Von
Die Behandlung von Übergewicht ist bei Typ-2-Diabetes Teil eines patientenzentrierten Therapieansatzes. Eine möglichst frühe Behandlung des Übergewichts kann dabei helfen, eine frühe Blutzuckerkontrolle zu erreichen.16,17
So profitieren Sie und Ihre Patient:innen von einem patientenzentrierten Therapieansatz:
- Wenn Menschen mit Typ-2-Diabetes und Ärzt:innen zusammenarbeiten, kann das dabei helfen, die Beziehung zwischen beiden Parteien zu verbessern.
- Werden Patient:innen in ihren Bemühungen durch motivierende Beratungsgespräche und andere, nicht wertende patientenorientierte Kommunikationsansätze bestärkt, kann das dazu beitragen, die Therapietreue, das Vertrauen der Patient:innen sowie die Zielerreichung für die Patient:innen zu verbessern.
Eine Unterstützung von Menschen mit Typ-2-Diabetes bei der Gewichtsreduktion ist wichtig:4 Eine Gewichtsreduktion kann dabei helfen, die Blutzuckerkontrolle zu verbessern und verschiedenen Risikofaktoren entgegenzuwirken. Für eine frühe Blutzuckerkontrolle ist es daher essenziell, alle Menschen mit Typ-2-Diabetes und Übergewicht oder Adipositas frühzeitig über Möglichkeiten der Reduktion von Übergewicht aufzuklären und sie dabei professionell zu unterstützen.
Empfehlungen der American Diabetes Association (ADA) und der
European Association for the Study of Diabetes (EASD):16,17
Leistungserbringende sollten
- Patient:innen mit Typ-2-Diabetes über die mit Adipositas verbundenen Risiken und gesundheitlichen Beeinträchtigungen aufklären,
- beurteilen, ob die Patient:innen dazu bereit sind, Interventionsstrategien zur Gewichtsreduktion umzusetzen.
Es ist wichtig, die Auswirkungen von glukosesenkenden Medikamenten auf das Körpergewicht von Patient:innen mit Typ-2-Diabetes und Übergewicht oder Adipositas zu berücksichtigen.
Gespräche über das Gewicht führen – keine leichte Situation für Behandelnde und Patient:innen. Das Let’s TALK! Kurzvideo in der Infothek zeigt, wie Sie das Thema Gewicht ansprechen können.
Als Tina die 3,6 kg, die sie zuvor verloren hatte, wieder zunahm, wechselte ihr Arzt seine Behandlungsstrategie und bezog sie stärker in die Therapieentscheidungen ein.
- Tinas Arzt bestätigte, dass es herausfordernd ist, einen Gewichtsverlust aufrechtzuerhalten und lobte Tina für ihre bisherigen Bemühungen.
- Obwohl Tina wieder zugenommen hatte, hatte sie nun das Gefühl, dass ihre harte Arbeit an ihrem Gewicht anerkannt wurde.
- Tina und ihr Arzt diskutierten gemeinsam realistische Ziele für eine Gewichtsreduktion. Den Fokus legten sie darauf, die Blutzuckerkontrolle und Tinas Diabetes-bedingten Gesundheitszustand zu verbessern.
- Sobald sie sich auf Ziele geeinigt hatten, half Tinas Arzt ihr, sich konkrete, messbare und erreichbare Ziele für Ernährung und Bewegung zu setzen. Dazu gehörte, dass Tina ihre Mahlzeiten künftig in eine App eintragen und dreimal pro Woche je 50 min Sport machen sollte.
- Tinas Motivation wurde noch größer, als ihr Arzt sie zur weiteren Unterstützung an einen Ernährungsberater überwies.
Ein frühzeitiges Gewichtsmanagement beeinflusst beim Typ-2-Diabetes eine Schlüsselkomponente der Erkrankung.4,8
Eine frühzeitiges Gewichtsmanagement ist eine wichtige Maßnahme bei der Therapie eines Typ-2-Diabetes.
In den Empfehlungen der internationalen Fachgesellschaften ADA, EASD und ESC wird eine frühe und effektive glykämische Kontrolle des Typ-2-Diabetes gefordert, um das Auftreten und das Fortschreiten makro- und mikrovaskulärer Folgekomplikationen zu verringern.17,21 Spätere intensive glykämische Interventionen sind bezüglich des Risikos für kardiovaskuläre Erkrankungen und die Mortalität weniger wirksam.22 Ein Behandlungsansatz, der die Gewichtsreduktion in den Fokus stellt, kann dabei helfen, eine frühe Blutzuckerkontrolle zu erreichen.8,17
EINE FRÜHZEITIGE BEHANDLUNG VON ÜBERGEWICHT IST BEI TYP-2-DIABETES ESSENZIELL.
Bleiben Sie auf dem Laufenden. Hier gehts zur Infothek.
Referenzen:
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